DIHK-Positionspapier: Wirtschaft und Verteidigung – Herausforderungen in neuer sicherheitspolitischer Lage
Die Wirtschaft spielt eine zentrale Rolle für die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands. Angesichts der veränderten geopolitischen Sicherheitslage skizziert die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) in einer neuen Position die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit von Wirtschaft mit den Sicherheitsbehörden sowie die Aufgaben von Betrieben und IHK-Organisation in unterschiedlichen Sicherheitslagen.
Nachfolgend stellen wir die wichtigsten Inhalte vor:
Für eine effektive Gesamtverteidigung sind schnelle Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie der Abbau von Bürokratie unerlässlich. Besonders verteidigungsrelevante Infrastrukturprojekte müssen beschleunigt umgesetzt werden. Dazu zählen unter anderem Brückensanierungen, der Ausbau der Stromnetze und die Ausweisung von Flächen für die Verteidigungsindustrie. Öffentliche Planungsroutinen müssen überarbeitet und ein digitales Baustellenmanagement eingeführt werden. Auch der Schutz sensibler Daten bei Bauprojekten ist zu gewährleisten.
Die Stärkung der Bundeswehr stellt den Arbeitsmarkt vor besondere Herausforderungen. Die Bundesregierung plant zunächst einen auf Freiwilligkeit basierenden Wehrdienst nach schwedischem Vorbild. Die schrittweise Einführung einer Wehrpflicht könnte folgen. Diese Wehrdienstzeiten sollten durch Möglichkeiten zur beruflichen Weiterbildung attraktiv gestaltet werden. Bei späteren Freistellungen für Reservistendienste (oder Tätigkeiten in Blaulichtorganisationen) sind betriebliche Erfordernisse bestmöglich zu berücksichtigen.
Neben militärischer Sicherheit gewinnen Cyber-, Energie- und Rohstoffsicherheit an Bedeutung. Unternehmen müssen ihre Resilienz gegenüber hybriden Bedrohungen stärken, insbesondere im Bereich kritischer Infrastrukturen (KRITIS). Die Umsetzung entsprechender europäischer Richtlinien sollte zeitnah und unbürokratisch erfolgen. Zur Sicherstellung der Energieversorgung sind Redundanzen und ein robuster europäischer Energiebinnenmarkt notwendig. In der Rohstoffpolitik sollte auf Diversifizierung, Rohstoffpartnerschaften und Kreislaufwirtschaft gesetzt werden, um Abhängigkeiten zu verringern.
Hauptabnehmer der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie sind staatliche Einrichtungen. Um Produktionskapazitäten ausweiten und in Forschung und Entwicklung investieren zu können, sind verlässliche Rahmenbedingungen im Sinne langfristiger Absatzperspektiven erforderlich. Die Vergabeverfahren sind zu vereinfachen, speziell für Innovationen mit kurzen Zyklen. Auch mittelständische Unternehmen und Start-ups sollten Zugang finden. Ferner sollte auf EU-Ebene ein Binnenmarkt für Rüstungsgüter angestrebt werden.
Die IHKs übernehmen eine Schlüsselfunktion in der zivil-militärischen Zusammenarbeit. Sie fungieren als Schnittstelle zwischen Unternehmen, Verwaltung und Bundeswehr. Damit die Wirtschaft schnell und aktiv auf geänderte Lagen und Bedrohungen reagieren kann, braucht es regelmäßige Lagebilder der Sicherheitsbehörden, die den Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Erhalten die Unternehmen ein umfassendes Bild der Sicherheitsrisiken, die ihre Branche betreffen, können sie reagieren, sich anpassen und resilienter aufstellen.
Dr. Josef Schosser
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