Neue Spielregeln für Ihre Lieferkette: Was jetzt zählt
Mit der EU-Entwaldungsverordnung EUDR begeht die EU als Teil des „European Green Deal“ einen Paradigmenwechsel in der Regulierung von Lieferketten. Unternehmen müssen ab 30. Dezember nachweisen, dass durch ihre Produkte keine Entwaldung entstanden ist, ansonsten dürfen diese nicht eingeführt oder im EU-Markt gehandelt werden. Welche Produkte sind betroffen und was ist zu tun?
Die EU-Entwaldungsverordnung EUDR (EU Deforestation Regulation) tritt zum 30. Dezember 2025 in Kraft. Das Kerninstrument der Verordnung ist ein striktes Verkehrsverbot: Relevante Rohstoffe und Erzeugnisse dürfen nur dann in der EU in Verkehr gebracht, auf dem Markt bereitgestellt oder aus ihr ausgeführt werden, wenn drei kumulative Bedingungen erfüllt sind:
1. Sie sind entwaldungsfrei.
2. Sie wurden im Einklang mit den relevanten Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt.
3. Für sie liegt eine Sorgfaltserklärung vor.
Anders als bei der EU-Lieferkettenrichtlinie CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) sind KMU nicht von der EUDR ausgenommen und müssen die gleichen Sorgfaltspflichten erfüllen wie größere Unternehmen. Das bedeutet für alle Unternehmen, dass sie den Nachweis erbringen müssen, dass ihre Produkte nicht aus illegalen Quellen stammen und nicht aus Flächen kommen, auf denen nach dem Stichtag – dem 31. Dezember 2020 – Entwaldung stattgefunden hat. Im Gegensatz zur CSDDD ist die Abgabe einer Sorgfaltserklärung keine bloße Dokumentation von Bemühungen, sondern eine rechtlich bindende Bestätigung der Konformität des Produkts mit den Vorgaben der EUDR.
Relevante Rohstoffe und Erzeugnisse: Die Verordnung konzentriert sich auf sieben Rohstoffkategorien, die von der EU als Haupttreiber der durch Landwirtschaft verursachten Entwaldung identifiziert wurden: Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz. Zusätzlich betroffen sind eine Vielzahl von daraus hergestellten Produkten, die sogenannten „relevanten Erzeugnisse“. Diese sind in Anhang I der EUDR über ihre spezifischen Zolltarifnummern (auch HS-Codes genannt) genau definiert. Die Liste umfasst eine breite Palette von Waren, darunter Lederwaren, Schokolade, Möbel, Reifen, bedrucktes Papier, Spanplatten und viele chemische Erzeugnisse auf Palmölbasis wie Stearinsäure. Es gibt jedoch auch Ausnahmen.
Marktteilnehmer und Händler: Wer ist in der Pflicht?
Die EUDR unterscheidet klar zwischen zwei Hauptakteuren, deren Pflichten sich erheblich unterscheiden: Marktteilnehmer (Market Operator) und Händer (Trader).
Marktteilnehmer (Market Operator):
Dies ist jede natürliche oder juristische Person, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse erstmalig auf dem EU-Binnenmarkt in Verkehr bringt oder aus der EU ausführt. Darunter fallen typischerweise Importeure und Exporteure. Wichtig ist, dass auch ein in der EU ansässiger Hersteller als Marktteilnehmer gilt, wenn er ein relevantes Erzeugnis zu einem anderen relevanten Erzeugnis weiterverarbeitet (zum Beispiel ein Schokoladenhersteller, der Kakaobohnen importiert und verarbeitet).
Händler (Trader):
Dies ist jede natürliche und juristische Person in der Lieferkette, die nicht der Marktteilnehmer ist und relevante Erzeugnisse auf dem EU-Binnenmarkt bereitstellt. Das bedeutet, sie verkauft Produkte weiter, die sich bereits im EU-Binnenmarkt befinden, ohne diese selbst importiert zu haben und ohne diese zu verarbeiten oder zu verändern. Typische Beispiele sind Groß- und Einzelhändler.
Welche Pflichten haben die beiden Hauptakteure gemäß EUDR?
Marktteilnehmer müssen die vollen Sorgfaltspflichten erfüllen, einschließlich der Durchführung einer Risikoanalyse und der Abgabe einer eigenen Sorgfaltserklärung für die Produkte, die sie auf dem Markt bereitstellen.
Bei den Händlern hingegen erfolgt eine Differenzierung der Pflichten anhand der Unternehmensgröße. In dieser Akteursgruppe unterscheidet die EUDR zwischen Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und großen Unternehmen (Nicht-KMU). Händler, die keine KMU sind (große Händler), werden rechtlich wie Marktteilnehmer behandelt. Auch sie müssen die vollen Sorgfaltspflichten erfüllen, eine Risikoanalyse durchführen und eine eigene Sorgfaltserklärung für die Produkte, die sie auf dem Markt bereitstellen, abgeben.
Händler, die KMU sind, profitieren von stark vereinfachten Pflichten. Sie müssen keine vollen Sorgfaltspflichten durchführen und keine eigene Sorgfaltserklärung abgeben. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Transparenz in der Lieferkette sicherzustellen, indem sie Informationen sammeln, aufbewahren (für fünf Jahre) und weitergeben. Konkret müssen sie die Referenznummern der Sorgfaltserklärungen ihrer Lieferanten erfassen und auf Anfrage vorlegen können.
Die Sorgfaltserklärung: Das digitale Ticket für den Marktzugang
Die Sorgfaltserklärung besteht aus drei Schritten:
1. der Informationssammlung,
2. der Risikobewertung und
3. der Risikominderung.
Als Informationen müssen unter anderem die Produktdaten, das Herkunftsland, Lieferkettendaten, sowie die Geolokalisierung des Erzeugergrundstücks gesammelt werden. Auf deren Basis erfolgt nun eine Risikobewertung. Die EU-Kommission hat hierzu ein Länder-Benchmarking bereitgestellt, welches alles Länder in Kategorien mit niedrigem, normalem oder hohem Risiko einstuft. Sollten Sie als Unternehmen hierbei ein nicht vernachlässigbares Risiko feststellen, sind die in der Pflicht, eine Risikominderung durchzuführen.
Durchsetzung in Deutschland
Die Durchsetzung der EUDR liegt in Deutschland bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Diese wird Kontrollen risikobasiert durchführen.
Was Sie beachten müssen:
1. Produkte prüfen: Importiere, handele oder exportiere ich eines der betroffenen Produkte?
2. Lieferketten analysieren: Liegen Geolokalisierungsdaten der Anbau- oder Produktionsflächen vor? Sind alle Lieferanten bereit, die nötigen Informationen bereitzustellen?
3. Sorgfaltspflichtsystem einrichten: Gibt es ein internes Verfahren zur Risikobewertung je Herkunftsland? Ist das Verfahren dokumentiert und nachvollziehbar?
4. IT-Registrierung vorbereiten: Ist mein Unternehmen im EU-Informationssystem registriert? Können Sorgfaltserklärungen digital eingereicht werden?
5. Lieferanten sensibilisieren: Wurden Lieferanten über die neuen Anforderungen unterrichtet?
6. Fristen im Blick behalten: 30. Dezember 2025: Start für große und mittlere Unternehmen, 30. Juni 2026: Start für Kleinst- und Kleinunternehmen