Frisch in Niederbayern

Die Stadler + Honner GmbH & Co. KG ist mit rund 620 Mitarbeitern in insgesamt 10 Edeka Märkten in Nieder- und Oberbayern seit über 20 Jahren ein erfolgsorientierter expandierender Familienbetrieb. Das wachstumsstarke Unternehmen kämpft aber wie fast alle gegen den massiven Fachkräftemagel. Mit Vertrauen, einem loyalen Team und auch etwas Glück konnte der Betrieb in Straubing erfolgreich junge Menschen aus dem Nicht-EU-Ausland gewinnen.

EDEKA Stadler + Honner, FRISCH-NACHBARN in Unterföhring bei München Geschäftsführung: (v.li.) Stephan Stadler, Hans-Jürgen Honner und Daniel Honner Foto: EDEKA Stadler + Honner / HRSchulz
© EDEKA Stadler + Honner / HRSchulz Stephan Stadler, Hans-Jürgen Honner und Daniel Honner (von links) haben erfolgreich neue Fachkräfte gewonnen.

Frische ist bei Stadler + Honner Familien-tradition – nur mit frischem Personal gestaltete es sich zuletzt über Jahre schwierig. Seit drei Generationen macht das Unternehmen den hochwertigen Lebensmitteleinkauf zu seinem Thema –mit großem Erfolg. Als die Cousins Stephan Stadler und Hans-Jürgen Honnereinst den ersten Edeka-Markt in Arnbruck eröffneten, war der Grundstein gelegt für eine neue Ära. Heute ist bereits die nächste Generation im Unternehmen tätig: Kathrin Stadler und Daniel Honner bringen ihre Ideen auf Basis der Unternehmenswerte ein.

Wie in den meisten anderen Betrieben der Branche war die Personalflaute lange Thema. Das hat sich nun geändert. „Die Personalsituation hat sich entpannt. Wir können sogar wieder selektieren und müssen nicht mehr jeden Bewerber nehmen, ob geeignet oder nicht“, sagt Stephan Stadler. „Die Krise gerade in der Industrie hat dafür gesorgt, dass viele Menschen ihren Arbeitsplatz verloren haben – häufig leider auch Frauen, die als klassische Zeitarbeiterinnen schnell gekündigt sind“, so Stadler. Was weiter fehlt: Leute an den Bedientheken oder eben Metzgereifachleute.

„Wir sind ausgesprochen dankbar, dass wir gut ausgebildete Verkäuferinnen aus dem Ausland haben“, berichtet Hans-Jürgen Honner. Allein in einer Filiale in Straubing haben 23 der 55 Mitarbeiter keinen deutschen Namen. Trotzdem sind sie alle „alt eingesessen“. Etwa 10 Prozent kommen aus Nicht-EU-Ländern. In den Märkten sind neben Syrern und Afghanen vor allem Bosnier, Nordmazedonier oder Kosova-Albaner beschäftigt. Gleich drei junge Damen aus einer Familie sind in zwei Straubinger Märkten im Einsatz. Sie haben 2024 ihre Metzgereiverkäuferprüfung erfolgreich absolviert und sind damit echte Ausnahmen. Außer fünf Azubis aus dem Nicht-EU-Ausland streben die meisten jungen Menschen jedoch rasches Geldverdienen statt einer Ausbildung an. „Das ist sehr schade. Der Weg zur Fachkraft wie als Einzelhandelskaufleute erscheint vielen zu schwer. Sie werden dann lieber ,nur‘ Verkäufer“, bedauert Hans-Jürgen Honner. Trotzdem haben er und seine Geschäftsführungskollegen die Hoffnung, dass sich doch weitere ausländische Mitarbeiter mittelfristig fortbilden und Karriere machen wollen.

Vom Praktikanten zum Spezialisten

Ein weiteres Positivbeispiel: Mahmmoud Aljomah. Der 30-Jährige kam 2018 als Praktikant aus eigenem Antrieb zu Stadler + Honner und wollte danach zur Ausbildung bleiben. Seine aus der syrischen Mittelschicht stammende Familie ist nach der Zerstörung ihres Hauses in den Libanon geflüchtet und wird dort bis heute von ihm unterstützt. Einige von ihnen überlegen, nachdem sich die Situation zu ändern scheint, in ihre alte Heimat zurückzukehren. Für Mahmmoud Aljomah ist dies keine Option. Er hat inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft, spricht sehr gut Deutsch und ist auch sozial gut eingebunden. Stephan Stadler baut außerdem sprichwörtlich auf den engagierten Syrer, der nach drei Ausbildungsjahren und dem Junioren-Aufstiegsprogramm der Edeka (JAP) inzwischen Spezialist für Abteilungs- und Regalumbau bei Stadler + Honner ist. Stephan Stadler hat dafür die Position „Springer-Marktleiter“ geschaffen – unter anderem mit eigenem Dienstwagen.

Mit hohen bürokratischen Hürden verbunden war der Einstieg der Musliu-Familie mit den drei jungen Frauen. „Wir haben ab 2019 kaum noch Mitarbeiter für die Metzgerei bekommen“, denkt Hans-Jürgen Honner zurück. Verzweifelt bat der Abteilungsleiter der Metzgerei alle Kollegen, auch im persönlichen Umfeld nach Interessenten Ausschau zu halten. Die Tante der heute in Straubing tätigen Schwestern Albina und Medina sowie ihrer Cousine Altina brachte ihre jungen Verwandten ins Spiel. Inzwischen sind sogar die jeweiligen Brüder Albion und Altin gefolgt. Sie absolvieren eine klassische Marktausbildung.

Doch der Weg vom Balkan in den deutschen Supermarkt war und ist steinig: „Für eine Arbeitserlaubnis mussten die Muslius einen B1-Sprachkurs in Albanien machen und in der Botschaft einen Ausbildungsvertrag sowie eine Wohnung nachweisen. „Das geht nicht einfach mal so schnell nebenbei“, berichtet Stadler. Sein Unternehmen musste auch ran und die Arbeitsagentur überzeugen, dass entsprechende Thekenkräfte in Deutschland definitiv nicht zu finden waren – und teilweise immer noch nicht sind. Letztlich wurden aber alle Hürden genommen, nicht zuletzt mithilfe der Tante, die für eine Straubinger WG-Wohnung bürgte. Stephan Stadler vertraute auf das Gelingen und in den Willen der jungen Frauen und wurde nicht enttäuscht. „Anfängliche sprachliche Barrieren im Tagesgeschäft hat die Tante großartig aufgefangen. Die Stärke dieser Mitarbeiterinnen sehen wir ganz klar in ihrem Ehrgeiz. Sie begreifen ihr Tun nicht schlicht als ,Job‘ zum Geldverdienen, sondern als Chance und lassen dafür sogar Freunde und Familie zurück. Und sie wissen, dass sie hier viel erreichen können, ganz anders als im Kosovo mit 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit“, so Stephan Stadler. Was dem Management von Stadler + Honner wirklich auf der Seele brennt: Es braucht sofort schnelle Verfahren und dringend einen Abbau der überbordenden und die Unternehmer hemmenden Bürokratie. Dann würde es mit Sicherheit in allen Branchen viel mehr Positivbeispiele und frische Kräfte am Arbeitsmarkt geben wie im Falle dieserniederbayerischen Unternehmer.

Artikelnr: 271977