„Die Energiewende wird jetzt sichtbar“
Schwerpunktthema Netzausbau beim IHK-Gremium Rottal-Inn in Arnstorf
Die Herausforderungen der Energiewende sowie die Auswirkungen auf die Region waren zentrales Thema bei der Sitzung des IHK-Gremiums Rottal-Inn. Die regionalen Unternehmer aus Industrie, Handel, Dienstleistungen und Tourismus kamen dafür vergangene Woche bei der Pröckl GmbH in Arnstorf zusammen. Hier suchte unter anderem Markus Leczycki vom Netzbetreiber Bayernwerk die Diskussion mit den Gremiumsmitgliedern. „Die Energiewende wird jetzt sichtbar und spürbar“, stellte er klar und ging auf laufende wie geplante Netzausbaumaßnahmen im Landkreis ein. Gerade in einer „Solarregion“ wie Rottal-Inn mit vielen kleinen und großen Photovoltaikanlagen wird offensichtlich, dass der Netzausbau mit dem Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung bisher nicht einmal ansatzweise Schritt halten kann. Eine Folge davon spüren auch die Unternehmer im Gremium, von denen einige Photovoltaikanlagen zur Eigenversorgung installiert haben: „Ausgerechnet wenn viel Sonne scheint und die Betriebe ihren eigenerzeugten Strom selbst gut nutzen könnten, muss die PV-Anlage vom Netzbetreiber abgeschaltet werden, um das Stromnetz nicht zu überlasten“, brachte es der stellvertretende Gremiumsvorsitzende Albert Schick bei der Sitzung in Arnstorf auf den Punkt.
Wie groß der Ausbaubedarf ist, belegte Leczycki mit Zahlen des Bayernwerks. Allein bis zum Jahr 2030 nannte er für das gesamte Gebiet des Netzbetreibers einen Bedarf von beispielsweise 270 neuen Umspannwerken, 1.000 Kilometern neuen Hochspannungsleitungen oder 13.000 digitalen Ortsnetzstationen. „Dafür ist jede Menge Bautätigkeit erforderlich“, verdeutlichte Leczycki. Dabei trifft der Netzbetreiber auf Herausforderungen, die ebenso die Betriebe im Gremium schilderten: Finanzierbarkeit, Fachkräftemangel, bürokratische Regularien, komplexe Vorgaben sowie langwierige und komplizierte Genehmigungsverfahren.
Über manches konnten die Unternehmer im Gremium daher nur den Kopf schütteln, etwa die gesetzliche Vorgabe, dass das Bayernwerk als Netzbetreiber nicht selbst Stromspeicher betreiben darf – obwohl diese, in einer netzdienlichen Betriebsweise, notwendig wären, um das Netz zu stabilisieren und die Spitzen abzubauen, die an sonnenreichen Tagen unweigerlich entstehen. „Daher haben wir als erster Verteilnetzbetreiber einen netzdienlichen Speicher ausgeschrieben, der im Landkreis Cham errichtet wird. Denn aus Sicht des Energiesystems gilt der Fokus in der jetzigen Transformationsphase vor allem netzneutralen und netzdienlichen Speichern“, betonte der Bayernwerk-Vertreter. Dem Gremium wurde damit deutlich: Es bewegt sich etwas. Leczycki konnte neue Ansätze, Projekte und Möglichkeiten vorstellen, um Stromerzeugung, Stromverbrauch und Stromspeicherung besser miteinander zu verbinden und abzugleichen.
„Wir müssen im Bezug flexibler werden, wir müssen in der Einspeisung flexibler werden“, und das verbunden mit besserer Planung und intelligenten Lösungen, lautete die Zusammenfassung von Leczycki zum Stand der Energiewende. Er ging außerdem darauf ein, welchen Beitrag Künstliche Intelligenz (KI) dafür leisten kann. Hier weitete sich der Austausch im Gremium und zeigte, wie vielfältig die regionalen Unternehmen bereits KI einsetzen, etwa zur Programmierung, der Bearbeitung von Kundenanfragen oder für die Bilanzanalyse. Dass das volle Potenzial von KI für die Wirtschaft aber noch nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft wird, auch davon zeigten sich die Unternehmer überzeugt. Das Thema werde daher die Betriebe und das IHK-Gremium weiterhin intensiv beschäftigen.
An die Gremiumssitzung schloss sich eine Betriebsbesichtigung der Pröckl GmbH an. Geschäftsführer Gert Pröckl, selbst gewähltes Mitglied des IHK-Gremiums, führte die Unternehmer durch seinen Betrieb. Pröckl habe in jüngster Zeit Millionenbeträge in den Standort investiert – in einen Neubau, die Sanierung des Bestandsgebäudes und in neue Maschinen. Dass eine solche Investition vor Ort keineswegs selbstverständlich ist, belegte IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner mit Auswertungen der IHK zu der allgemein sehr angespannten Wirtschaftslage: „Wenn gerade in Wachstum investiert wird, dann in erster Linie im Ausland“, erläuterte Schreiner. Umso wichtiger sei daher das Bekenntnis des Familienunternehmens Pröckl GmbH zum Standort Arnstorf.