03.06.2025

„Wir brauchen Mut und Tun“

Futuristic e-commerce concept with neon graphics on a laptop screen

Der Online-Handel boomt und eröffnet national wie international attraktive Geschäftsmöglichkeiten. Die schlechte allgemeinen Wirtschaftslage fordert auch von niederbayerischen Betrieben, sich richtig zu positionieren. Das beliebte IHK-Event „E-Commerce Trends“ brachte Top-Akteure aus der Region zusammen.

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Dr. Christian Zettler, Geschäftsführer Ballistol GmbH, Tobias Gumtow, Head of Logistics Altruan GmbH, Geschäftsführer Johannes Radl und Johannes Vilsmaier von der Altruan GmbH und Stefan Mooser, operativer Geschäftsführer Ballistol GmbH (von links) kamen ins Gespräch.

Die E-Commerce-Branche steht vor tiefgreifenden Umbrüchen. Immer mehr Kanäle aus China drängen auf den Markt, Social Commerce gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dazu kommt das Megathema KI, das ohnehin jedes Handelsunternehmen betrifft. Spätestens jetzt heißt es agieren und nicht der Entwicklung hinterherzulaufen. So lautete der Appell gleich mehrerer Experten an die 150 Besucher der dritten Highlight-Veranstaltung „E-Commerce Trends“ bei der IHK Niederbayern in Passau.

Mit Experimentierfreude zum Erfolg

Johannes Radl, Johannes Vilsmaier und Ludwig Püttmann von der Altruan GmbH aus Massing haben ihren Erfolgsweg 2021 während der Corona-Pandemie mit dem Handel von Masken und Schnelltests begonnen. Das Unternehmen wuchs rasant. Heute vertreibt das Unternehmen Hygieneartikel, Pflege- und Praxisbedarf und beschäftigt knapp 120 Mitarbeiter. Radl konnte deshalb aus eigener Erfahrung berichten, worauf es in der Wachstumsphase besonders ankommt. Seine fünf großen Erkenntnisse aus der Erfolgsgeschichte made in Niederbayern: Makrotrends erkennen, lernen Verantwortung zu delegieren, Digitalisierung umsetzen, Experimentierfreude fördern und Omnichannel nutzen.

Digitaler Sieger durch Wissen

D2C-Experte Mario Sieger aus München ist ein, wie er sagt „kreativer und zahlenverliebter Marketing-Enthusiast“. Er zeigte in seinem Vortrag, wie man Marketing-Maßnahmen effizient durchführt und misst und auf welche Kennzahlen man besonders achten sollte. „Wer mit seinem Webshop schnell durchstarten und langfristig erfolgreich sein will, benötigt mehr als nur ein gutes Produkt. Für den Aufbau und die digitale Weiterentwicklung einer Brand ist es essenziell, zu wissen, wo und wie einzelne Marketing-, CRM- & Branding-Maßnahmen wirken und wie sie sich wechselseitig beeinflussen. Warum und woher kommen welche Kunden? Was genau beeinflusst letztendlich eine Kaufentscheidung? Nur wer das in der Tiefe versteht, kann Umsätze auch konstant wiederholen und sein Business effizient skalieren. Diese Ganzheitlichkeit einer 360°-Betrachtung des Digital Marketings ist der entscheidende Vorteil, um zu einem digitalen Sieger aufzusteigen“, so Mario Sieger.

Internationale Riesen ernst nehmen

Dr. Georg Wittmann, Geschäftsführer von ibi research in Regensburg, beschäftigt sich seit mehreren Jahren intensiv mit den großen Playern der Digitalwirtschaft. Temu und Shein, zwei aufstrebende E-Commerce-Giganten mit Wurzeln in China, verändern das Geschäftsfeld des Onlinehandels und der Logistik grundlegend. Beide Unternehmen verfolgen dabei unterschiedliche, aber innovative Strategien, um ihre Marktpräsenz in Europa, insbesondere in Deutschland, auszubauen. Während Temu seinen Marktplatz öffnet, baut Shein in Deutschland neue Strukturen auf, die auf eine intensive Expansion hindeuten. „Diese Riesen sind nicht wirklich greifbar aber äußerst ernst zu nehmen“, sagte Wittmann. Er warnte auch davor, die Entwicklungen im E-Commerce ausschließlich durch die deutsche Brille zu sehen. „Sie sind weltweit unterwegs und werden mit neuen Angeboten wie direkten Zahlungsmöglichkeiten über die Plattformen punkten wollen“, so der Wissenschaftler. Anhand eindrucksvoller Zahlen zeigte Wittmann, wie diese Anbieter über ihre Marktplätze inzwischen versuchen, auch renommierte deutsche Händler für sich zu gewinnen. „Die Plattformen lassen sich nicht mehr ignorieren“, so Wittmann. Er riet den niederbayerischen Händlern, auch „wenn wir aktuell zu langsam sind“, Mut zu haben und ins Tun zu kommen. Jeder Unternehmer solle die neuen Kanäle möglichst objektiv testen und dann entscheiden, ob und wie man sich mit seinem Unternehmen hier verstärkt engagieren möchte.
Martin Himmel war von Anfang an bei den „E-Commerce-Trends“ dabei und hat selbst über 20 Jahre Erfahrung im E-Commerce. Als Unternehmer und Mitgründer der D2C Advisors führte er die Teilnehmer durch den Arbeitsalltag eines fiktiven Unternehmens.

Er zeigte anhand konkreter Beispiele wie KI-Tools in verschiedensten Bereichen sinnvoll und zielgerichtet eingesetzt werden können, sei es bei der schnellen Erstellung eines Produktflyers, einer ansehnlichen Landingpage oder von wirksamen Werbevideos, bei der Marktanalyse, beim Customer Support, beim Einsammeln von Kundenfeedback oder beim Targeting. Sein Fazit: KI-Commerce ist die Zukunft. Nicht nur Dr. Christian Zettler und Stefan Mooser von der Ballistol GmbH waren von der Veranstaltung
begeistert: „Das waren genau die richtigen Themen für uns.“

Thomas Breinfalk, IHK-Ansprechpartner für den Handel, verwies auf die Möglichkeit, sich bei der Digitalisierung unterstützen zu lassen. Bis zu 60.000 Euro Förderung für KMU bietet etwa das Programm Go International für die Erschließung neuer Zielmärkte im Ausland. Das Projekt der bayerischen IHKs sowie der Handwerkskammern fördert damit die Internationalisierungs-Strategie. Verwaltet wird es von der BIHK Service GmbH - Außenwirtschaftszentrum Bayern.

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© IHK Niederbayern IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner, die Referenten Mario Sieger, Johannes Radl und Dr. Georg Wittmann mit Moderator Martin Hummel und Thomas Breinfalk, IHK-Ansprechpartner Thema Handel, (von links) freuten sich über 150 Teilnehmer in Passau.

Thomas Breinfalk

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